
Interview mit Silke Baron, Geschäftsführerin der Bürgschaftsbank Brandenburg GmbH"Wir können etablierte Betriebe am Markt halten"
Die Bürgschaftsbank Brandenburg hat im vergangenen Jahr 215 neue Bürgschaften vergeben. Es war das zweitbeste Geschäftsjahr in der Geschichte. Wir haben mit Geschäftsführerin Silke Baron darüber gesprochen, wie die Bank Unternehmen helfen kann.
Frau Baron, die Investitionsbereitschaft in Brandenburg ist äußerst verhalten. Gleichzeitig hat die künftige Koalition aus CDU/CSU und SPD Milliarden- Pakete unter anderem für die Infrastruktur geschnürt. Was braucht es, damit dieses Geld schnell auf die Straße kommt?
Silke Baron: Damit das Geld schnell und wirksam ankommt, muss Bürokratie abgebaut werden. Auf allen Ebenen. Aus meiner Sicht ist das verhandelte Paket der einzig gangbare Weg. Denn wenn der Staat nicht mehr bereit ist, zu investieren, warum sollte es dann ein privater Investor tun. In der Vergangenheit fehlte die politische Sicherheit für Investitionen. Umso wichtiger ist es jetzt, dass der Staat die Gelder in die Themen wie Infrastruktur und Digitalisierung einbringt, sodass dann auch private Unternehmen bereit sind, wieder zu investieren.
Früher gab es den Spruch: Je schlechter es der Wirtschaft geht, umso besser für die Bürgschaftsbank. Gilt das noch?
Silke Baron: Ja, das gilt noch. Wir haben 2024 insgesamt 107 Millionen Euro Kreditvolumen mit 215 Anträgen verbürgt. Das war das zweitbeste Ergebnis, das die Bürgschaftsbank in ihrer 35-jährigen Geschichte hatte. Seit 2024 betreiben die Banken eine eine restriktivere Kreditvergabepolitik und damit auch eine größere Risikoabsicherung. Die geht damit einher, dass teilweise jetzt die Tilgung von Krediten beginnt, die zu Corona-Zeiten aufgenommen wurden. Da ist ein verstärktes Ausfallgeschehen zu sehen. Deshalb haben die Banken reagiert. Wir können hierbei helfen.
Wie?
Silke Baron: Wir sichern das Kreditinstitut mit einer Bürgschaft von bis zu maximal 80 Prozent ab. Das können wir nur machen, weil hinter uns der Bund und das Land als Rückbürgen stehen und uns einen Teil des Ausfalls im Falle des Falles ersetzen würde. Manchmal kann aber auch eine Beteiligung sinnvoll sein. Sie gilt als eigenkapitalähnlicher Baustein. Damit erhöht sich die Möglichkeit, dass ein Kreditinstitut überhaupt über eine Fremdfinanzierung nachdenkt. Denn ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Eigenkapital und Fremdkapital ist notwendig, um die Finanzierung darzustellen. Hier stehen wir als Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg (MBG) den Unternehmen zur Seite.
Wir begleiten Finanzierungsvorhaben in allen Branchen. Stolz sind wir darüber, dass wir 25 Prozent aller Vorhaben im Handwerk begleitet haben. Das ist unsere stärkste Branche, die wir haben, gefolgt von der Industrie und den Dienstleistungen.
Wie hoch können Bürgschaften und Beteiligungen sein?
Silke Baron: Wir haben die Möglichkeit, für 2,5 Millionen Euro Kredit zu bürgen. Wenn es die kleine Landesbürgschaft für den deutschen Mittelstand betrifft, dann können bis zu vier Millionen Euro Kredit mit 3 Million Euro verbürgt werden. Beteiligungen sind bis zu 1,5 Millionen Euro möglich. Somit haben wir hier schon 5,5 Millionen Euro. Und mit dem neuen Produkt ERP Förderkredit für Gründung und Nachfolge können wir bei bis zu drei Gesellschaftern nochmal 500.000 Euro pro Gesellschafter maximal dazugeben, sodass wir schon insgesamt bei sieben Millionen Euro wären. Damit kann man schon etwas bewegen.
Was sind denn die Vorteile von Bürgschaften?
Silke Baron: Wenn wir ein Vorhaben als förderungswürdig beurteilen und mit einer Bürgschaft absichern, führt es automatisch dazu, dass das Unternehmen eine bessere Bewertung, ein besseres Rating erhält. Damit sinken oftmals die Zinsen. Wir senken also die Kreditkosten.
Wenn uns alle Unterlagen vorliegen, geht es recht schnell. Wir haben alle drei Wochen unsere Ausschusssitzung. Da wird über die Vorhaben entschieden. Im letzten Jahr verwendeten wir 50 Prozent unserer Bürgschaften für Investitionsvorhaben und 50 Prozent für Gründungen und Nachfolgen, wobei der Hauptteil das Nachfolgegeschäft war.
Die Betriebsnachfolge ist ein zentrales Thema der Bürgschaftsbank. Rund 90.000 brandenburgische Unternehmen stehen in den kommenden Jahren zur Übergabe an. Wie bewerten Sie aktuell das Geschehen?
Silke Baron: Deutschland hat nach wie vor keine Gründermentalität verankert. Das fängt mit der Schulausbildung an. Dort kommt das Thema schon zu kurz. 35 Jahre nach der Wende könnten viele „Altunternehmer“ ihr Lebenswerk abgeben. Der Fachkräftemangel spricht dem entgegen. Uns fehlen die Nachfolgeinteressierten. Warum sollte sich ein Arbeitnehmer, der einen guten Arbeitsplatz hat, selbstständig machen?
Dabei brauchen wir dringend mehr Nachfolger. Wir müssen zudem die Unternehmer in die Lage versetzen, dass sie sich rechtzeitig mit dem Thema beschäftigen. Es braucht in etwa zehn Jahre, um ein Unternehmen sinnvoll in neue Hände zu geben. Und es ist auch notwendig, dass der Unternehmer vor der Übergabe weiter investiert, denn ohne Investitionen verliert das Unternehmen an Wert. Das kann den Unternehmer im Alter treffen. Zu viele haben während ihrer Selbstständigkeit zu wenig für ihre Rente getan. Sich allein darauf zu verlassen, dass das Unternehmen mit der Übergabe meine Pension finanziert, ist der falsche Weg.
Sie sind ein Partner der im Oktober 2024 gestarteten Nachfolgezentrale Brandenburg. Das Onlineportal soll gezielt Nachfolgeinteressierte ansprechen. Mehr als 330 sind bisher gelistet. Mehr als 200 Unternehmen sind in dem anonymen Portal drin. Was erhoffen Sie sich von dem Tool?
Silke Baron: Es ist wichtig, dass wir dieses Instrument haben. Das Besondere ist, dass beide Seiten anonym zusammenkommen. Wir sind sehr stolz darauf, wie viele Unternehmen sich eingetragen haben. Aber noch viel wichtiger ist, dass wir mehr Nachfolgeinteressierte haben. Das zeigt, dass wir die Möglichkeit haben, viele etablierte Unternehmen am Markt zu halten und in gute Hände zu geben. Das ist meine Hoffnung, die ich in die Nachfolgezentrale setze.
Wir bewerben das Onlineportal in vielen Veranstaltungen. Brandenburg ist wunderschön. Und so muss es auch erhalten bleiben. Unser Rückgrat ist der Mittelstand. Die Wirtschaft wird von kleinen und mittleren Unternehmen getragen. Gerade im ländlichen Raum sind sie oftmals der einzige Arbeitgeber und die soziale Stütze der Gemeinschaft. Diese Vielfalt müssen wir bewahren. Deshalb machen wir das für die Unternehmen.
Von Beginn an unterstützt die Bürgschaftsbank Brandenburg den Zukunftspreis. Was verbinden Sie mit dem Wettbewerb?
Silke Baron: Er ist für uns sehr wichtig. Der Preis zeigt, welche Unternehmen im Land Brandenburg beheimatet sind. Da gibt es weltweit agierende Betriebe, die „Hidden Champions“ in ihrer Branche sind und von denen man gar nicht weiß, dass sie aus Brandenburg sind. Dann haben wir kleine Unternehmen, die dafür sorgen, dass die Gesellschaft läuft. Der Zukunftspreis bildet genau diese Vielfalt ab.