
Rentenversicherungspflicht Handwerk
Viele Millionen Selbständige in Deutschland sind nicht für das Alter abgesichert. Denn es besteht nicht für alle eine grundsätzliche Rentenversicherungspflicht, sondern nur für bestimmte Selbständige. Hintergrund ist die Annahme, dass Selbständige eigenständig für Alter und Krankheit vorsorgen können.
Dies wird aufgrund der zunehmenden Zahl von Soloselbständigen aber immer mehr zu einem Problem, da sie häufig nur geringe Einkommen erzielen und nur unzureichend vorsorgen. Vereinzelt kann das dazu führen, dass einzelne Personen von vorherein gar keine Vorsorge treffen, da die voraussichtliche Rente die staatliche – steuerfinanzierte – Grundsicherung nicht übersteigt.
Zunehmend gibt es Bestrebungen, Selbständige generell zur Altersvorsorge zu verpflichten. Allerdings nicht zwingend im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung. Entsprechende Vorschläge gibt es seit mehreren Jahren, mit dem Ziel vor allem Soloselbständige vor Altersarmut zu schützen und gleichzeitig eine flexible Beitragsgestaltung in der Gründungsphase zu ermöglichen.
Auch wenn die allgemeine Rentenversicherung vorrangig eine Arbeitnehmerversicherung ist, waren Selbständige von Beginn an Teil des versicherten Personenkreises. Sie können in der gesetzlichen Rentenversicherung auf verschiedene Arten versichert sein, entweder auf Antrag, freiwillig oder kraft Gesetzes. Welche selbständig tätigen Personen dazu gehören, regeln die Paragrafen 2, 229 und 229a SGB VI. So auch Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben oder kurz: Handwerker (§ 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI).
Die ursprüngliche Begründung der Versicherungspflicht für Handwerker stammt noch aus dem Jahr 1938 und stellte auf den allgemeinen Berufsweg vom Lehrling über die Gesellentätigkeit, bis hin zum Meister und einer Selbständigkeit ab. Die Möglichkeit der Freiwilligkeit zur Beitragszahlung hätte den Handwerker bei Invalidität und im Alter schlechter gestellt als Arbeitnehmer und die Gefahr der Altersarmut vergrößert.
Zahl der Unversicherten steigt
Anfangs galt die Versicherungspflicht für die gesamte Erwerbstätigkeit. Ab 1962 wurde die Dauer auf 216 Monate (18 Jahre) begrenzt. So sollte sichergestellt werden, dass dem Handwerker bei Eintritt des Rentenfalles eine ausreichende Mindestversorgung ermöglicht wird. Im Zusammenhang mit der Novellierung der Handwerksordnung 2004 wurde auch die Handwerkerpflichtversicherung so gestaltet, wie sie heute gilt, mit dem Ergebnis, dass heute die Mehrzahl der Inhaber im Handwerk nicht mehr pflichtversichert sind und die Anzahl derjenigen, die pflichtversichert sind, abnimmt.
In der Regel sind selbständig tätige HandwerkerInnen dann versicherungspflichtig, wenn sie oder er in die Handwerksrolle eingetragen sind (zulassungspflichtiges Handwerk nach Anlage A der Handwerksordnung), den handwerksrechtlichen Befähigungsnachweis (z.B. Meistertitel) besitzen und die Selbständigkeit tatsächlich ausüben. Für eine Versicherungspflicht kommen ausgehend von der Begriffsbestimmung des „Gewerbetreibenden“ nur natürliche Personen in Betracht, das heißt, neben Inhabern von Einzelunternehmen, sind das auch Gesellschafter von Personengesellschaften (GbR, KG, OHG), die die Eintragungsvoraussetzungen in ihrer Person erfüllen, und das unabhängig von der persönlichen Haftung oder technischen Verantwortung und Leitung.
Ausnahmen von der Versicherungspflicht
Eine Versicherungspflicht kann auch noch später eintreten, nämlich genau ab dem Zeitpunkt, zudem der entsprechende Befähigungsnachweis nachträglich erlangt wurde. Beschränkt auf die jeweilige Tätigkeit, besteht auf Antrag die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht, wenn die Mindestpflichtbeitragszeit von 18 Jahren (216 Monate) erreicht ist.
Ausgenommen von der Versicherungspflicht sind v.a. Inhaber von Einzelunternehmen, die in ihrer Person nicht die handwerksrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, jedoch einen entsprechend qualifizierten Betriebsleiter beschäftigen und Gesellschafter von Kapitalgesellschaften (GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG). Auch dann nicht, wenn der Gesellschafter über die nötige Qualifikation verfügt. Inhaber von Handwerksbetrieben, die in die Anlage B2 oder ab dem 01.01.2004 in die Anlage B1 der HwO eingetragen werden, besteht ebenfalls keine Pflichtversicherung.
Speziell fürs Handwerk
Mit der Reform der Handwerksordnung am 14. Februar 2020 wurden 12 bisher zulassungsfreie Handwerke wieder meisterpflichtig. Dazu gehören u.a. Fliesen-, Platten- und Mosaikleger oder Raumausstatter. Für bereits bestehende Betriebe ändert sich nichts, auch bleiben bereits bestehende Versicherungspflichten davon unberührt.
Gleichwohl gilt für Existenzgründer in diesen 12 Handwerken nunmehr die Handwerkerpflichtversicherung. Die einheitliche Meldung einer Eintragung, Änderung oder Löschung in der Handwerksrolle erfolgt dabei durch die zuständige Handwerkskammer an den Rentenversicherungsträger.
Wie hoch der Beitrag zur Rentenversicherung ist, hängt zum einen davon ab, wann die selbständige Tätigkeit aufgenommen wurde und zum anderen vom Nachweis des tatsächlichen Arbeitseinkommens.
So zahlen versicherungspflichtige Handwerker bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit, grundsätzlich ohne den Nachweis des tatsächlichen Arbeitseinkommens, den halben Regelbeitrag. Dieser beträgt 2020 296,21 Euro (alte BL) und 279,93 Euro (neue BL). Danach zahlen sie den vollen Regelbeitrag. Dieser beträgt 2020 592,41 Euro (alte BL) und 559,86 Euro (neue BL). Der Großteil der beitragspflichtigen Handwerker entscheidet sich für diese Art der Beitragsentrichtung.
Paket der Absicherung
Alternativ besteht die Möglichkeit des einkommensgerechten Beitrags, indem das Arbeitseinkommen aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit nachgewiesen wird. Er kann dadurch über oder unter dem Regelbeitrag liegen, je nach Höhe des Arbeitseinkommens, mindestens aber 83,70 Euro pro Monat. Der Beitragssatz für das Jahr 2020 liegt bei 18,6%. Somit bezieht sich der derzeit gültige Regelbeitrag auf ein monatliches Arbeitseinkommen von 3.185,00 Euro (alte BL) und 3.010,00 Euro (neue BL). Begrenzt ist der monatliche Beitrag auf 1.283,40 Euro (alte BL) bzw. 1.199,70 Euro (neu BL).
Im Gegenzug erhält man vonseiten der Rentenversicherung das gesamte Paket der Absicherung, also eine Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Hinterbliebenenrente, Reha- und Eingliederungshilfen.
Für alle nicht pflichtversicherten Gewerbetreibenden im Handwerk besteht die Möglichkeit einer freiwilligen oder einer Pflichtversicherung auf Antrag. Welche davon die beste Wahl ist oder ob die Vorsorge mittels der gesetzlichen Rentenversicherung überhaupt sinnvoll ist, bleibt im Einzelfall abzuwägen.
Ansprechpartner
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