BGH zum Verbraucherbauvertrag bei Beauftragung einzelner Gewerke
Mit seiner Entscheidung vom 16. März 2023 (Az. VII ZR 94/22) stellte der Bundesgerichtshof (BGH) klar, dass bei Beauftragung einzelner handwerklicher Gewerke zum Bau eines Hauses durch private Bauherren kein Verbraucherbauvertrag im Sinne des § 650i BGB vorliegt.
Hintergrund
Mit der Reform des Bauvertragsrechts im Jahr 2018 wurde der Begriff des Verbraucherbauvertrages mit § 650i BGB neu eingefügt und dieser Vertragstyp im Gesetz definiert.
Sachverhalt
Anlass für den vom BGH zu entscheidenden Rechtsstreit war der Neubau des beklagten Ehepaares. Die Eheleute beauftragten als private Bauherren mehrere Handwerksunternehmen für die Realisierung ihres Vorhabens. Die Klägerin wurde mit Innen- und Außenputzarbeiten beauftragt, welche zwar erbracht, jedoch seitens der Beklagten auf Grund von Unzufriedenheit nur zum Teil bezahlt wurden.
Die Klägerin forderte die Beklagten zunächst unter Fristsetzung erfolglos zur Zahlung des offenen Betrags und anschließend zur Leistung einer Sicherheit hierfür im Sinne des § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB (Bauhandwerkersicherung) in Höhe von 9.880,05 € auf.
Knackpunkt des Falles
Der entscheidende Punkt des Falles lag in der Frage, ob es sich bei dem geschlossenen Vertrag um einen Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB handelt. Denn nur beim Vorliegen eines solchen würde eine Regelung zum Vorteil der Bauherren eingreifen (§ 650f Abs. 6 S.1 Nr. 2 BGB) und die Klage des Handwerkers wäre insoweit unbegründet.
Entscheidung
Das Landgericht (LG) Landau in der Pfalz gab der Klage des Handwerkerbetriebes auf Sicherheitsleistung statt, wohingegen das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken als Berufungsgericht die Klage als unbegründet abwies. Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass dem Anspruch auf Sicherheitsleistung der Ausnahmetatbestand des § 650f Abs.6 S.1 Nr.2 BGB entgegenstünde, da es sich auch bei der einzelnen Vergabe von Bauleistungen - wie hier - um einen ein Verbraucherbauvertrag handele. Aus Sicht der OLG-Richter könne es keinen Unterschied machen, ob Bauherren die Leistungen gesamt oder einzeln vergeben. Bauunternehmer, die als Generalunternehmer agieren und somit vertraglich alle Gewerke bündeln, könnten sonst bewusst einzelne Leistungen ausnehmen, um sich den Verbraucherschutzvorschriften zu entziehen.
Hiergegen wendete sich die Klägerin mit der vom OLG zugelassenen Revision, mit der sich nun der BGH zu befassen hatte. Dieser hob das OLG-Urteil auf und entschied, dass die Klage auf Sicherheitsleistung ursprünglich begründet war und sich erledigt hat.
Der BGH sah im Gegensatz zum OLG keinen Verbraucherbauvertrag als gegeben an und begründete seine Entscheidung mit der gesetzlichen Definition in § 650i BGB. Danach wird vorausgesetzt, dass es sich um einen Vertrag mit einem Verbraucher handelt, durch den der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet wird. Dieser Wortlaut lässt es nicht genügen, dass der Unternehmer die Verpflichtung zur Erbringung eines einzelnen Gewerks im Rahmen eines Neubaus eines Gebäudes übernimmt. Darin unterscheidet sich die Vorschrift in entscheidender Weise von dem gleichzeitig in Kraft getretenen § 650a BGB. Dort wird ausdrücklich unter anderem ein Vertrag über die Herstellung eines Bauwerks "oder eines Teils davon" erfasst. Eine weitere abweichende Formulierung findet sich zudem in § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB, der die Verjährung werkvertraglicher Mängelansprüche regelt und dort eine spezielle Verjährungsfrist für Ansprüche "bei einem Bauwerk" vorsieht.
Ferner spreche für dieses Verständnis, dass der Unternehmer im Rahmen eines Verbrauchervertrags dem Bauherrn gemäß § 650j BGB grundsätzlich umfassende Pläne zur Verfügung stellen muss.
Fazit
Mit nachvollziehbaren Argumenten entscheidet der BGH eine bislang noch streitige Rechtsfrage zugunsten des Handwerks.
Ansprechpartnerin
Rechtsberaterin
Telefon 0355 7835-138
Telefax 0355 7835-285