Unternehmensnachfolge im ländlichen RaumNeues Kapitel für Tischlerei Carius

Seit knapp vier Monaten ist Tischlermeister Alexander Ermakov Unternehmer. Der beste Jungmeister 2022 übernahm den Herzberger Betrieb. 

In den Werkstätten in der Berliner Straße wird Handwerk gelebt. Massive Vollholz-Türrahmen – weitgehend von Hand gefertigt – warten auf den Einbau. Ein altes Fachwerkhaus bekommt eine neue Eingangstür mit schwarzen Eisenbeschlägen. In mehreren Stunden hat sie Alexander Ermakov gebaut. Ein alter Esstisch wartet darauf restauriert, ein Wohnwagen darauf, umgebaut zu werden.

Es sind fast ausschließlich private Kunden aus der Region, Leipzig und dem Berliner Speckgürtel, die diese Aufträge auslösen. Der 29-jährige Unternehmer ist zufrieden mit der Auftragslage. »Arbeit gibt es. Nur keine Leute, die sie erledigen.« Zurzeit arbeitet er mit Volker Carius zusammen. Der Tischlermeister gründete 1987 den Handwerksbetrieb. Familiäre Vorläufer reichen allerdings nachweislich bis ins 19. Jahrhundert zurück. Der Altmeister ist froh, dass der Traditionsbetrieb in neue Hände übergeben wurde.

Die Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Prozess, der viel Zeit braucht. In Alexander Ermakov reifte die Idee von der Selbstständigkeit einige Jahre. »Was ich nicht erwartet hatte, war der hohe bürokratische Aufwand«, bilanziert der Tischlermeister. Neue Steuernummer, Kaufvertrag, Finanzierung, Grundbucheintrag, Gewerbeanmeldung und so weiter. Wer in Deutschland ein Unternehmen übernehmen will, muss vorher einen Behördenmarathon absolvieren. Das schreckt potenzielle Gründer ab, wie Experten sagen. Bürokratie behindert dringend benötigte Neugründungen. Denn wer soll die Arbeitsplätze der Zukunft schaffen, wenn nicht die regionale Wirtschaft.

Schritt für Schritt

Mithilfe der Handwerkskammer Cottbus beantragte Alexander Ermakov die Meistergründungsprämie. 12.000 zahlt das Land über die ILB in einem ersten Schritt. Bis zu 7.000 Euro können hinzukommen, wenn man einen Arbeitsplatz schafft. Mittelfristig möchte der Unternehmer fünf Angestellte haben. Das wäre sozusagen seine Idealvorstellung für den Betrieb. Sie zu bekommen, wird nicht leicht. Tischlerfachkräfte auf dem freien Markt gibt es so gut wie nicht.

Auf dem Plan steht ebenfalls die schrittweise Erneuerung beziehungsweise Erweiterung des Maschinenparks. Viele Anlagen stammen aus DDR-Zeiten. CNC-Maschinen sucht man in dem Handwerksbetrieb vergebens. Sie braucht Alexander Ermakov aber auch nicht. Er legt sehr viel Wert auf die handwerkliche Arbeit. Neu hinzugekommen sind eine Kantenleimmaschine und eine Plattensäge. Angedacht sind darüber hinaus Breitbandschleifmaschine und eine Formatkreissäge. Auch eine neue Absaugung ist in den kommenden Jahren geplant.

Basis für all das sind ausreichend Aufträge und zahlende Kunden. Sie fragen bei Terminen hin und wieder, ob Ermakov der neue Angestellte des Altmeisters Volker Carius ist. Wenn sie hören, dass er der neue Chef ist, sind manche etwas skeptisch. Alexander Ermakov überzeugt sie jedoch mit einer hochwertigen, qualitativen Arbeit und seinem ruhigen, sympathischen Auftreten. Von seiner Frau bekommt der Jungunternehmer viel Unterstützung. Sie gibt ihm volle Rückendeckung für die Selbstständigkeit. Auch wenn sie angesichts der Bürokratie so manches Mal die Hände über den Kopf zusammenschlägt.

Ansprechpartner Nachfolge bei der Handwerkskammer

 Zur Person

• Im Jahr 2005 kam Alexander Ermakov aus Russland nach Deutschland.
• Mit der Finsterwalder Tischlerei und Drechslerei Richter fand er den passenden Ausbildungsbetrieb.
• Seine Tischlerausbildung krönte Alexander Ermakov 2013 mit dem Ausbildungspreis der Sparkasse Elbe-Elster.
• 2022 wurde er von der Handwerkskammer Cottbus beim  „Tag des Meisters“ als „Bester Jungmeister“ seines Jahrgangs geehrt.

 Nachfolge? Handwerkskammer hilft

In Südbrandenburg suchen in den nächsten fünf Jahren über 2.500 Betriebsinhaber einen Nachfolger. Gegenüber einer Neugründung hat die Unternehmensnachfolge entscheidende Vorteile:

1. Das Unternehmen ist am Markt gefestigt

2. Prozesse sind etabliert

3. Einnahmen und Erträge definiert

Deshalb lohnt es sich, die Unternehmensübergabe besonders in den Fokus des Gründungsgeschehens zu rücken.

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